Die Geschichte und Verbreitung von horizontalen Bienenwohnungen

Die Bienenkiste ist eine sogenannte Horizontalbeute. In Nordeuropa ist diese Art der Bienenhaltung kaum noch bekannt, obwohl sie eine über 6000-jährige Tradition hat und noch heute in vielen Ländern praktiziert wird.

Bienenwand aus Nilschlamm © Institut für Bienenkunde/Oberursel
Bienenwand aus Nilschlamm © Institut für Bienenkunde/Oberursel

Menschen haben Bienen von jeher ausgebeutet – durch „Honigjagd“ oder Bienenhaltung. Fast jeder archäologische Fund in diesem Zusammenhang hat auch heute noch irgendwo auf der Welt ein Gegenstück in Praxis und Gebrauch. Die tropischen und subtropischen Regionen sind dabei von besonderer Bedeutung. Dort kann man immer noch beobachten, wie Menschen von der Steinzeit angefangen bis in die Gegenwart Honig gewonnen haben. Aus der Zeit zwischen 12.000 bis 9.000 v. Chr. stammen die ersten Bilddarstellungen von honigsammelnden Menschen. Und bereits vor ca. 10.000 Jahren haben Menschen begonnen Rauch einzusetzen, um leichter den Honig entnehmen zu können.

Horizontale Beuten haben eine sehr lange Geschichte und werden noch heute in verschiedenen Teilen Afrikas und Asiens und sogar in Amerika verwendet. Außerhalb Nord- und Westeuropas ist die am meisten verbreitete traditionelle Beute ohne Zweifel der horizontale „Zylinder“ – eine liegende Röhre von rundem oder anderem Querschnitt. Sie wird aus Holz, Rinde oder anderem Pflanzenmaterial hergestellt oder in trockeneren Gebieten wie den Mittelmeerländern und dem Nahen Osten aus getrocknetem Lehm oder gebranntem Ton.

Aufgrund ihrer weiten Verbreitung – sowohl in der Vergangenheit als auch heute – ist es schwer zu glauben, dass alle Horizontalbeuten ihren Ursprung in der antiken Welt hatten. Denn wir finden sie auch in China, Bali und Zentralamerika, wo sie für die stachellose Biene verwendet werden. An der Westküste von Guinea-Bissau wurden z. B. 1980 bei verschiedenen Stammesgruppen u.a. aus Portugal importierte Weinfässer entdeckt, die auf der Seite liegend als Beuten genutzt wurden, zum Teil mit einer Verlängerung als Honigraum an einem Ende.

Schon 4000 v. Chr. gab es im alten Ägypten nachweislich Bienenhaltung in Tonröhren, die horizontal genutzt wurden. Die Öffnung, durch die die Honigwaben entnommen wurden, befand sich an der Rückseite der Beute, während die Bienen durch ein oder mehrere kleine Löcher an der Vorderseite ein- und ausfliegen konnten. Der Imker konnte auf diese Weise die Rückwand öffnen und mit Rauch die Bienen in den vorderen Bereich des Stocks bewegen, von den Waben weg, die er entnehmen wollte.

Ferula-Beute
Ferula-Beute

Beuten aus Ferula (Riesenfenchel) wurden ebenfalls liegend betrieben und hatten einen quadratischen Querschnitt.

Marcus Terentius Varro, einer der bedeutendsten römischen Gelehrten, gibt folgende Maße für eine Ferula-Beute an: 90 cm Länge und 30 cm Breite. Die Maße heutiger in Sizilien hergestellter Beuten sind etwas geringer: 82 cm Länge und 23 cm Breite.

Der variable Honigraum

Horizontale Strohbeute mit Honigraum-Erweiterung, Schweden 1753
Horizontale Strohbeute mit Honigraum-Erweiterung, Schweden 1753

Die wichtigste Verbesserung an den Horizontalbeuten wurde wahrscheinlich um 400 v. Chr. gemacht: der Einsatz einer Verlängerung an der Rückseite der Beute während der Trachtzeit, um einen zusätzlichen Raum für den Honigüberschuss zu schaffen. Sie wurde wahrscheinlich erst angebracht, wenn das Bienenvolk die Beute komplett mit Waben ausgebaut hatte. Wenn die Verlängerung mit Honigwaben gefüllt war, wurde sie wieder abgenommen, nachdem die Bienen vorher mittels Rauch zurückgetrieben worden waren.

Bei anderen Horizontalbeuten konnte die Rückwand dagegen nach vorne in den Stock hinein versetzt werden, um den Innenraum zu verkleinern. Varro schreibt dazu:

„Wenn die Bienen zu wenige sind, um den Stock auszufüllen, reduziert der Imker die Größe, so dass die Bienen in dem großen leeren Raum nicht ihr Herz verlieren.“

Plinius der Ältere war noch deutlicher:

„Es ist von Vorteil, wenn der Deckel an der Rückseite beweglich ist, so dass dieser nach vorne in die Beute geschoben werden kann, für den Fall, dass die Beute zu groß ist oder die Arbeit der Bienen zu unproduktiv.“

Der Krainer Bauernstock

In der Krain, einer Region in Slowenien, sind die traditionellen Beuten horizontal und aus Holz (Krainer/ Kärntner Bauernstock). Wahrscheinlich gehen sie ursprünglich auf römische Horizontalbeuten zurück.

Es hatte sich dort die Tradition entwickelt, dass die Vorderseite jeder Beute mit einem Bildmotiv aus der Bibel oder einem Volksmärchen bemalt wurde. Erstmals wird 1758 eine bemalte Beutenfront erwähnt, die eine Madonna zeigt. Zwischen 1750 und 1900 war diese Praxis in Slowenien sehr beliebt. Die Beuten wurden in einem speziellen Bienenhaus aufgestellt, dessen Dach nach hinten schräg abfiel und nach vorne einen Überstand bildete, der die Stöcke schützte. Bienenzucht-Tradition in Slowenien…

Eine wichtige Rolle für die Verbreitung des Krainer Bauernstocks spielte Anton Janša, der 1734 in der heutigen Krain geboren wurde. 1769 wurde er von der Kaiserin Maria Theresia zum kaiserlichen und königlichen Imker ernannt, mit der Aufgabe in Wien auf dem Gebiet der Bienenhaltung zu lehren und zu beraten.

Janša verwendete die lokale Krainer Horizontalbeute aus Holz mit den folgenden Maßen: 79 cm lang, 32 bzw. 37 cm breit und 16 cm hoch. Er stellte die Beuten über- und nebeneinander in ein Bienenhaus.

Krainer Bauernstock nach Anton Janša
Krainer Bauernstock nach Anton Janša

1771 veröffentlichte er in deutscher Sprache ein Buch über das Bienenschwärmen. Bevor er weitere umfassende Bücher über die Bienenhaltung schreiben konnte, starb er 1773 an Typhus. 1775 brachte der Schüler und Assistent Janšas, Joseph Münzberg, ein weiteres Buch in deutscher Sprache heraus, das auf Janšas Erkenntnissen aufbaute. Als Folge gewannen Janšas Ideen und Praktiken großen Einfluss in den Ländern des deutschen Sprachraums.

Auch Janša modifizierte bereits die einfachen Holzbeuten. Seine Kästen hatten entfernbare Wände und miteinander verbundene Öffnungen, die verschließbar waren. So konnte Janša den Schwarmtrieb dämpfen und höhere Honigerträge erzielen.

“Der Kärntner Bauernstock hatte ursprünglich eine Länge von 1 m, eine Breite von 60 cm und eine Höhe von 20 cm. Der heutige Bauernstock besteht aus einem Bodenbrett, welches nach vorn zu einem Flugbrett verlängert ist, zwei Seitenteilen, einem Stirnbrett und einem rückwärtigen Brett. Ein hineingeschlagener Schwarm baut seinen Bau selbst in Naturbau. Ist eine größere Nachschau erforderlich, so wird der Stock auf den Kopf gestellt und das Bodenbrett, welches mit 4 Schrauben oder Nägeln festgehalten wird, abgenommen.
Die Stirnbrettchen von alten Bauernstöcken sind mit wunderbaren Bildern, welche Landschaften, Tiere und Heiligenbilder darstellen, geschmückt. Es gibt in Kärnten Bauernstöcke, die ein Alter von 100 Jahren und noch mehr aufweisen.
Der Bauernstockimker hat mit seinen Bienen wenig Arbeit. Die Bienenzucht in Kärnten konnte man als volkstümlich bezeichnen, denn fast bei jedem Bauernhof fand man einen Bienenstand mit 50, 60, ja sogar 100 Bauernstöcken.”

(aus: Die Carnica in ihrer Heimat Kärnten (pdf), Imkermeister Karl Schuchmann, Deutscher Imkerkalender 1955)

In Nordeuropa dagegen waren Horizontalbeuten weniger üblich. Bei ihren Vertikalbeuten hatten die Imker in den Ländern Nordeuropas aber mehr Schwierigkeiten, die Waben zu entnehmen. Und die einmal entnommenen Waben konnten auch nicht wieder in der Beute angebracht werden. So konzentrierten sie sich auf die Honigernte und auf das Einfangen und Einschlagen der Schwärme.

Vielleicht lag es zum Teil an den Beschränkungen, die die aufrechtstehenden Beuten mit sich brachten, dass ausgerechnet in Nordeuropa der Mobilbau mit Waben in beweglichen Holzrähmchen entwickelt wurde.

Weitere Infos


Quellen:

  • Eva Crane, Archaeology of Beekeeping, Duckworth 1983
  • Eva Crane, The World History of Beekeeping and Honey Hunting, Routledge Chapman & Hall 1999
  • Friedrich Ruttner, Naturgeschichte der Honigbienen. Sonderausgabe

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